Der Mai ist der offizielle Mental Health Awareness Month. Der perfekte Zeitpunkt also, um ein wichtiges Thema anzusprechen: Psychische Gesundheit, bzw. vielmehr psychische Krankheiten, in der Literatur – und zwar in der fiktiven Literatur! Das ist wichtig, weil es eben genau diese ganz nebenbei „Awareness“ schaffen kann. Zum Glück gibt es mittlerweile auch jede Menge Bücher, die sich diesem Thema angenommen haben.
Was ist der Mental Health Awareness Month?
Der Mental Health Awareness Month ( dt. Monat des Bewusstseins von Mentaler Gesundheit) wurde bereits 1949 in den USA begründet, um mehr Aufmerksamkeit für psychische Erkrankungen zu schaffen, über diese aufzuklären und mit Stigmata zu brechen. Jedes Jahr im Mai wird der Mental Health Awareness Month unter einem bestimmten Thema „gefeiert“, zu dem hilfreiche Maßnahmen und Unterstützung promotet werden.
Wie können fiktive Geschichten zur Mental Health beitragen?
Sachbücher, Ratgeber und Co. zu verschiedenen Aspekten der psychischen Gesundheit finden sich auf dem Buchmarkt zuhauf. Wenn es nicht gerade eine Biografie einer bekannten Persönlichkeit ist, kann ich mir aber kaum vorstellen, dass diese Bücher häufig von Nicht-Betroffenen gelesen werden – aber genau darum geht es!
Nur wenn psychische Erkrankungen in unserem Alltag „normal“ werden und kein Tabu-Thema mehr sind, kommen wir weiter. Deshalb finde ich es wichtig, dass auch in beliebten (Jugend-)Büchern mit fiktiven Geschichten mentale Erkrankungen vorkommen. Dann begegnen sie uns nämlich ganz nebenbei und schaffen eben dieses Bewusstsein für das Leid der Betroffenen. Auf diese Weise helfen sie bei:
- Aufklärung über psychische Krankheiten und deren Symptome
- Entstigmatisierung der Krankheiten
- Umgang mit Betroffenen
- Entstehung von ehrlicher Empathie und Verständnis
Zum Glück gibt es mittlerweile schon einige Bücher auf dem Markt, die sich mit mental erkrankten Figuren beschäftigen und die (trotzdem) viele Leser:innen ansprechen dürften
Achtung! Solltest du selbst von einer psychischen Krankheit betroffen sein, solltest du dir vorher natürlich ganz sicher sein, dass die Bücher etwas für dich sind und keine triggernden Stellen beinhalten!
Bücher zum Thema Mental Health, die ich empfehlen kann
Diese Bücher habe ich selbst schon gelesen und kann sie durchaus empfehlen. Sie nehmen sich verschiedenen Themen an und verweben sie in eine Geschichte, die Leser:innen berührt.
Ich, Eleanor Oliphant; Gail Honeyman
Themen: Traumata, Einsamkeit
Ich, Eleanor Oliphant ist eines meiner absoluten Lieblingsbücher, das ich auch schon zweimal gelesen habe. Grund dafür ist nicht nur der bemerkenswerte Schreibstil, sondern auch die Protagonistin selbst. Eleanor ist ein sehr eigenwilliger, etwas schrulliger Charakter und schwer von ihrer Vergangenheit geprägt. Durch die wortgewandte Darstellung ihrer schrägen Gedankengänge wächst sie einem jedoch schnell ans Herz und man verfolgt ihre Entwicklung voller Sympathie, Empathie und Neugier. So gerät Eleanor durch eine Aneinanderkettung von Zwischenfällen in eine Situation, die sie mehr und mehr aus ihrem selbstgeschaffenen Kokon lockt – was sie letztendlich aus der Dunkelheit ins Glück führt. Tatsächlich ist Eleanors Figur so repräsentativ und augenöffnend, dass es meiner Meinung nach an Schulen gelesen werden sollte.
Die Mitternachtsbibliothek; Matt Haig
Themen: Depression
Alles in ihrem Leben und ihren Beziehungen ist schiefgelaufen und sie ist einsam – diese schwere Last bringt Nora dazu, ihr Leben zu beenden. Doch sie landet in einer Art Zwischenwelt: Der Mitternachtsbibliothek. Tausende von Büchern ermöglichen es ihr, herauszufinden, wie ihr Leben hätte laufen können, hätte sie diese oder jene Entscheidungen getroffen. Mit dieser Basis spielt Matt Haig unglaublich geschickt mit dem Gedanken, der Depressive rund um die Uhr beschäftigt: Was wäre gewesen, wenn…? Gemeinsam mit der Protagonistin erwirbt man im Verlauf des Romans eine neue Sicht auf das Leben. Das hilft nicht nur Menschen mit Depressionen, sondern kann auch zur Prävention dienen, da es viele gute Denkanstöße gibt.
Vielleicht wird auch alles gut, Lea Melcher
Thema: Angststörung
In Vielleicht wird am Ende alles gut hat die Autorin ihre eigenen Erfahrungen mit einer Angststörung eingeflochen – und das ist spürbar. Denn die Protagonistin ist sehr authentisch und ihre Gedankengänge (für Betroffene) sehr realistisch – auch wenn ihre Entwicklung etwas schnell vonstattengeht. Aber das mag den Grenzen eines Romans geschuldet sein. Insgesamt liefert es einen guten Eindruck dessen, wie schwierig alltägliche Situationen für eine Person mit Angststörung sein können. Mit viel Mitgefühl begleitet man Mia deshalb dabei, wie sie ihre Vergangenheit aufarbeitet, Schlüsselerlebnisse hat und durch einen Zwischenfall gezwungen ist, ihre Ängste zu überwinden.
Seelengeister, Nadine Merschmann
Thema: Mentale Gesundheit allgemein
In Seelengeister hat die Autorin Fantasyelemente geschickt genutzt, um die Entwicklung von psychischen Krankheiten bzw. psychischer Gesundheit bildlich darzustellen. So werden in ihrem Roman die guten und bösen Gedanken, die uns alle beherrschen, personifiziert: Es sind die Seelengeister, von denen jeder Mensch seine ganz eigenen hat. Besonders gegen die bösen gilt es zu kämpfen, um ihnen nicht irgendwann zu erliegen. Weil es so treffend verbildlicht und mit Metaphern beschrieben wurde, erscheint das Buch trotz der Fantasyelemente irgendwie erschreckend real und regt zum Nachdenken an. Es zeigt nicht nur auf, dass wir alle unsere Seelengeister zu „ertragen“ haben, sondern auch wie wichtig es ist, mit ihnen umgehen zu lernen.
Die Stille meiner Worte, Ava Reed
Thema: Trauer, selektiver Mutismus
Nach sie ihre Schwester bei einem schrecklichen Unfall verloren hat, spricht Hannah nicht mehr und kommt deshalb auf eine besondere Schule. Dort lernt sie Levi kennen, der zwar sein eigenes Päckchen zu tragen hat, aber zu Hannahs Vertrauensperson wird. Auf diese sehr emotionale Art und Weise führt die Autorin die Leser:innen nicht nur den schmerzhaften Trauerprozess und die Vergangenheitsbewältigung der Protagonistin, sondern zeigt auch, wie entscheidend der Beistand von Außenstehenden ist und wie sehr Zusammenhalt unsere mentale Gesundheit fördert.
Normal People; Sally Rooney
Thema: Depression
Das Buch von der Bestseller-Autorin ist denkbar düster und zeigt wirklich die negativen Seiten der Depression auf. Aber auch das muss für die Mental Health Awareness stattfinden. Es zeigt, wie es eine Persönlichkeit und dessen ganzes Leben langsam einvernehmen und sogar zerstören kann. Außerdem geht es um den kleinen aber feinen Unterschied zwischen rettender Liebe und toxischer Liebe. Ein unbequemer, aber realistischer Roman.
Die Björnstad-Trilogie, Fredrik Backman
Themen: Traumata, Depression
Fredrik Backmans Trilogie ist nicht direkt auf die Mental Health-Thematik ausgelegt. Trotzdem spielt es mit den tiefgreifenden Emotionen verschiedener Dorfbewohner – von einem dramatischen Zwischenfall, der mit einem Trauma für eine Beteiligte endet, über einen depressiven Bewohner, der seine Sexualität versteckt halten muss, bis hin zu allen Angehörigen, die mit den Betroffenen leiden. Der Autor hat in diesen Büchern unglaublich authentische, realistische Figuren geschaffen, von denen man am Ende glaubt, dass sie wirklich existieren. Und genau deshalb geht einem als Leser:in ihr Schicksal so nah – das bringt ein besseres Verständnis auf die Auswirkung, die zerstörerische Gedanken auf eine Person haben können.
Tipp: Diese Trilogie bietet die perfekten Schmöker für die Lesezeit im Winter.
Weitere Bücher mit dem Thema Mental Health
Diese Bücher habe ich selbst noch nicht gelesen, doch auch sie beschäftigen sich eingehend mit psychisch erkrankten Figuren. Die positiven Rezensionen sprechen für sich.
Wo du uns findest; Antonia Wesseling
Thema: Depression
Mit diesem Buch widmet sich die Autorin der Depression bei Männern, die womöglich noch mehr stigmatisiert ist als bei Frauen. Aus diesem Grund ist Wo du uns findest ein wichtiger Beitrag zur Mental Health-Thematik. Auch die weiteren Bände befassen sich mit Geschichten von psychisch belasteten Protagonist:innen.
Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken; John Green
Thema: Zwangsstörung
Dass John Green hochemotionale Bücher schreiben kann, wissen wir mittlerweile. In diesem Buch arbeitet er seine eigenen Erfahrungen mit einer Zwangsstörung ein, weshalb die Darstellung mit Sicherheit sehr realistisch sein wird. Zudem ist die Geschichte weit entfernt von einem alltäglichen Setting – umso eindrücklicher dürfte es sein, wie sehr eine solche Krankheit das Leben beeinflusst. Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken (im Original Turtles all the way down) wurde jetzt sogar verfilmt!
The Way I Used to Be; Amber Smith
Thema: Trauma
Dieses Buch war eine TikTok-Sensation. Kein Wunder, denn es schneidet wohl ein bekanntes Thema an: Nach einem Trauma verliert sich die Protagonistin selbst komplett. Ihre Entwicklung hat daraufhin tausende Leser:innen berührt. Ein Buch, das damit wahrscheinlich nicht nur aufklärt, sondern auch Kraft gibt.
Tipp: Um den Mental Health Awareness Month zu feiern, werde ich dieses Buch als nächstes lesen. Wenn du Lust hast, mich dabei zu begleiten, kannst du gerne meinem Buchblog @eulenmaerchen folgen!
Alles, nichts und ganz viel dazwischen; Ava Reed
Thema: Depression
Auch in diesem Fall konnte die Autorin eigene Erfahrung ins Buch einfließen lassen und somit mehr Bewusstsein für diese verbreitete Krankheit schaffen. Das geschieht vor allem dadurch, dass die Leser:innen die Protagonistin bei der Entstehung und dem Höhepunkt ihrer Erkrankung begleiten – das dürfte auch zur Entstigmatisierung beitragen.
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Der Mental Health Awareness Month ist ein wichtiger Beitrag, um über psychische Erkrankungen aufzuklären. Fiktive Bücher mit psychisch erkrankten Figuren tragen in einem großen Maß, aber auf unauffällige Weise dazu bei. Zum Glück wird das Thema auf dem Buchmarkt auch immer präsenter.
Falls du eines meiner vorgestellten Bücher liest, musst du mir über meinen Bücherblog @eulenmaerchen oder meinen Account @hobbyvilla.de unbedingt davon erzählen!
Viel Spaß beim Lesen!